Was tun bei Kränkungen im Alltag?
Wer kennt nicht jene Situation im Alltag, in welcher einem Tränen aufsteigen und man am liebsten sofort in den Erdboden versinken möchte? Und eigentlich scheint der Anlass ganz harmlos zu sein: Mein Nachbar hat mich heute in der Früh bei der Bushaltestelle nicht gegrüßt, ja nicht einmal eines Blickes gewürdigt, als ich ihm freundlich „Guten Morgen“ wünschte. Darauf folgte ein reges Kopfkino mit vielen Stimmen, die alle eine Erklärung dafür haben: „Ich bin unsichtbar, keiner sieht mich. Ich werde ignoriert, bin nichts wert.“
Mit dieser persönlichen Geschichte wollte ich ausdrücken, dass Gefühle wie Kränkung und Scham oft durch ganz banal wirkende Alltagssituationen ausgelöst werden können. Jederzeit kann „es“ einen völlig unverhofft erwischen. Auch die Körperreaktionen variieren von leichten bis zu schweren Symptomen bzw. sogar Krankheitsbildern. Die Ursachen dafür sind vielschichtig. Auch die Bewältigungsstrategien sind vielfältig – vom bewussten Atmen bis hin zu Suchtverhalten. Manchmal sind Gefühle so stark und kaum zu ertragen, dass es unmöglich scheint, „es“ auszuhalten. Alkohol oder Zigaretten können in diesem Moment des überwältigenden Gefühls ein wenig Erleichterung bringen, zumindest eine Zeit lang. Auf lange Sicht gesehen werden die Probleme dadurch aber nicht wirklich gelöst, sondern im Gegenteil – sogar verstärkt.
Um besser oder leichter mit belastenden Gefühlen umzugehen, hilft es auf jeden Fall sich mit dem Körper zu verbinden, sich selbst zu spüren. Körperarbeit, wie zum Beispiel Yoga, Shiatsu, Meditation usw. stellt wieder eine Verbindung zwischen Körper, Geist und Seele her. Auch therapeutische Techniken, wie zum Beispiel die EMDR, können langfristig bei der Verarbeitung und Auflösung hilfreich sein. Das kann zumindest ein Anfang für einen Perspektivenwechsel sein. Um langfristig eine Veränderung und positive Wege im Verhaltensrepertoire zu schaffen und Ressourcen aufzubauen, hilft es, geduldig dran zu bleiben.
Abschließend habe ich für mich ein kleines gedankliches Notfallpackerl mit 6 Strategien, auf welches ich immer wieder zurückdenke und welches ich gerne mitteilen möchte:
1. Hinterfrage das Gefühl: War das wirklich so gemeint? Warst du gemeint?
2. Schlafe eine Nacht darüber - mit etwas Abstand verändert sich der Blickwinkel…
3. Nimm nicht alles persönlich
4. Nimm deine Gefühle wahr und sprich sie aus
5. Versetze dich in die andere Person hinein
6. Finde deine Mitte