Wie kann es weitergehen?
Es gibt Situationen, in denen einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Bei dem Freund meines Vaters war das zum Beispiel die Pensionierung. Ihm war die Arbeit sein Leben lang das Wichtigste gewesen, sie machte seine Identität aus. Wie sollte es ohne diese weitergehen?
Bei mir war es die Trennung meines Mannes von mir nach 25 Jahren Ehe. Die Familie war mein Lebensinhalt, und von einem auf den anderen Tag war der Mann weg, die Kinder erwachsen.
Beide Beispiele sind alltäglich, nichts Besonderes. Menschen gehen in Pension, viele Familien zerbrechen. Für den Einzelnen kann es aber etwas Besonderes, etwas Existentielles, etwas Angsterregendes sein.
Was kann man in solch einer Situation tun? Jede Situation und jeder Mensch sind verschieden, deshalb gibt es kein Patentrezept. Wichtig ist dennoch für jede und jeden, besonders in solch schwierigen Zeiten, mit sich selbst gut zu sein. Das fängt dabei an, dass man sich – soweit man die Kraft dafür aufbringen kann – Gutes tut. Das mag bei dem einen gutes Essen sein, bei der anderen Spaziergänge in der Natur, Körperpflege, Kinobesuche usw. ... Was habe ich immer schon gern getan, was tut mir gut, auch wenn ich es derzeit nicht voll genießen kann? Ein bisschen geht immer.
Das Verlorene zu betrauern, ist auch ein wichtiger Punkt. Weinen, jammern, Rückzug sind erlaubt – in dem Sinn, dass man es sich erlauben sollte. Und dennoch: Nichts ist auf Dauer heilsamer, als wieder in Kontakt mit anderen Menschen zu kommen. Alte Freunde und Freundinnen zu kontaktieren (sobald man das schafft), neue Freunde zu suchen, oder auch bei der Telefonseelsorge anzurufen oder sich einer Therapeutin anzuvertrauen. Ganz, ganz langsam das Alte hinter sich zu lassen und einen Neubeginn zu wagen.