„Das Leben geht weiter – es fragt sich nur wann“
Geht ein geliebter Mensch von uns, sind wir immer mit Trauer konfrontiert. Sei es noch so vorhersehbar durch eine lange bestehende Erkrankung, versuchen wir noch so sehr den Tod als Erlösung für diesen Menschen zu betrachten, so kann man diesen doch nicht ohne zu trauern gehen lassen. Jeder Zeitpunkt, an dem ein so wichtiger Mensch stirbt, ist zu früh. Auch unseren Anrufer:innen ist es kein Trost, wenn Sie von Angehörigen Satze hören wie „Sei doch froh, dass sie endlich gehen konnte.“ oder „Er war ja schon so alt.“ Man kann trotzdem nicht wahrhaben, was passiert ist, steht unter Schock. Taut man langsam aus dieser Starre auf, kommen Gefühlswellen auf einen zu: Nicht nur Traurigkeit, auch Wut, Schmerz, Schuld, das Gefühl von Ungerechtigkeit können starke Empfindungen sein. Es gibt Momente, Tage, an denen geht es besser, dann kommt wieder eine solche Welle. Wie findet man den Frieden, wie lange dauert es, bis man nicht jedes Mal in Tränen ausbricht, wenn jemand den Namen der Verstorbenen ausspricht? Trauer ist ein so individueller Prozess, dass das schwer zu sagen ist. Angehörige meinen es gut und sagen dann „Das Leben geht weiter“, - das mag stimmen, aber wie?
Abschied nehmen heißt, sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen. Sich mit Orten, Erlebnissen und Erinnerungen an den Verstorbenen zu beschäftigen, darüber zu sprechen, ist Teil dieses Prozesses. Spricht man über diese Erinnerungen gemeinsam mit anderen, die die Person gekannt haben, kann das schmerzlich sein, ist aber ebenso heilsam. Wie lange es dauert, ist schwer zu sagen, aber irgendwann kommen einem die Tränen, nicht mehr nur aus Trauer, sondern weil man an die vielen schönen, lustigen Momente denkt, die man mit dieser Person geteilt hat. Zu denken, es stimme einen nie mehr traurig, wenn man an diesen geliebten Menschen denkt, ist aber genauso unrealistisch, wie zu denken, dass man in ewiger Trauer verweilen muss. Trauer braucht Zeit und diese Zeit muss man sich vor allem selbst geben. Der oder die Verstorbene wird immer einen Platz im Leben haben und es wird Momente geben, in denen man die Person stärker vermissen wird.
In der Trauer ist es auch wichtig, an sich selbst zu denken und in sich hineinzuhören. Wie geht es mir? Was brauche ich? Als trauernder Mensch darf man auch egoistisch sein, sich selbst etwas Gutes tun. Allein sein wollen, aktiv werden und sich ablenken, es gibt hier kein richtiges Verhalten. Und Ja – man darf auch lachen und glücklich sein.
Mein Rat an alle Menschen, die sich gerade auf ihrem persönlichen Trauerweg befinden, ist, sich selbst die Zeit zu nehmen die sie brauchen: Zeit, um an Vergangenes zu denken, Zeit für alle Gefühle, die im Hier und Jetzt auftauchen und Zeit, die Zukunft zu gestalten, in der unsere Liebsten immer einen Platz in unserem Herzen haben werden.