Allerheiligen
Du stehst zum ersten Mal am Grab deines geliebten Mannes und vermisst die gemeinsamen Sommer und spürst noch deutlicher den eigenen Herbst. Die bunten Blätter an den Bäumen können das Grau deiner Seele nicht erhellen. Wie durch eine Kuppel von den umstehenden Menschen getrennt nimmst du die Umgebung kaum wahr. Du versuchst, dich an seinen liebenswerten S-Fehler zu erinnern, du meinst seinen Geruch noch deutlich in der Nase zu haben, spürst den letzten Umarmungen nach.
Du hast ihm doch immer versprochen, vor ihm zu sterben. Es fühlt sich wie ein kleiner Verrat an. Aber wer hat da wen verraten? Im Augenwinkel nimmst du wahr, wie eine kleine Kinderhand, leicht unbeholfen zum Grab tänzelt und eine Blume niederlegt.
Deine Enkelin zaubert die Kuppel weg und lässt frischen Novemberwind in deine Haare und über den Friedhof blasen. Du wirst ihr viel erzählen. Vom Opa, seinem Lispeln, seinen Geschichten und wie er sich gefreut hat, dass sie diesen schönen Platz auf der Erde geschenkt bekommen hat.
Das gemeinsame Lachen wird von einer Träne untermalt werden.