Tanz auf dem Vulkan
Konflikte rütteln auf, irritieren, nerven – und können gleichzeitig eine Chance sein für eine vertiefte Beziehung, weil sie uns zwingen, eine bestimmte Situation etwas genauer anzuschauen. Ich mag diese Gespräche als Telefonseelsorgerin besonders gern, wenn jemand anruft und sich einen Blick von außen auf einen bestehenden Konflikt wünscht. Dann schauen wir gemeinsam auf die Situation, versuchen zu erforschen, was der Konflikt beinhaltet, welche versteckten Bedürfnisse und Sehnsüchte dabei auftauchen. Es hat vielleicht ein bestimmter Satz plötzlich so viel ausgelöst. Dahinter stand womöglich die unterschiedliche Auffassung eines Begriffes, die dann beinahe die langjährige Freundschaft gefährdet hat.
Es gibt Konflikte, die „seins-notwendig“ sind, wie ein Freund das nennt. Sie sind nicht zu umgehen, weil sie durch das jeweilig andere Verständnis bedingt sind. Einer ist ordentlich, der andere ein Chaot, hiermit sind Konflikte schon vorprogrammiert, wenn das in einer Partnerschaft oder einer engen Freundschaft der Fall ist. Das gegenseitige Verständnis, die Toleranz, und auch das Abgrenzen können muss erst erarbeitet werden – und das ist alles andere als einfach. Ich höre das oft am Telefon und erlebe es in meiner Nachbarschaft sehr deutlich in unterschiedlichen Varianten. Da sind Geschwister, die mit ihren Familien im selben Haus wohnen und vor kurzem alles streng getrennt haben, von den Eingängen, Sitzplätzen bis zu zwei unterschiedlichen Hausfarben. Man spürt die Feindschaft förmlich im Vorbeigehen. Ich grüße beide, aber sie sprechen nicht miteinander. Bei einem anderen Haus bemühen sich die beiden Parteien sehr um ein respektvolles Miteinander, obwohl es durch die unterschiedliche Einstellung einem Tanz auf dem Vulkan gleicht.
Vielleicht sollen uns Konflikte einfach in Bewegung halten und aus der Routine herausholen …