A – B - Bu, draußt bist du …
Ausgrenzung findet schon in Kinderspielen statt: Man wird ausgezählt, ausgeschieden, ausgeschlossen. Es ist nur ein Spiel und nur von kurzer Dauer. Aber es ist schon eine kleine Einübung in das Gefühl, nicht mehr dabei sein zu dürfen, nicht mehr dazu zu gehören.
Später findet Ausgrenzung massiver, weniger spielerisch statt und sie kann länger oder sehr lange andauern. Ich selber habe Ausgrenzung selten erlebt, einmal jedoch sehr nachhaltig. Ich hatte als Studentin und Lehrerin einige Jahre in den USA gelebt. Ich kam dann als Lehrerin nach Österreich und unterrichtete an einer öffentlichen Schule. Überall war ich herzlich empfangen und schnell in der Kollegenschaft aufgenommen worden. Dann kam ein Schulwechsel, ich sprang für eine schwangere Kollegin ein.
Es gab dort einen Lehrerspeiseraum und man kam dort zusammen zum Frühstück, zur Jause in der großen Pause, zum Mittagessen. Die Schule war klein, der Lehrkörper ebenso, und in dem Speiseraum hatte jeder Lehrer seinen oder ihren Platz. Das wusste ich als Neuling nicht, hatte es jedoch nach den ersten angespannten bis bösen Blicken schnell kapiert. Ich setzte mich von da an brav ans Tischende und mied die angestammten Plätze. Da saß ich nun, konnte, was ich verspeiste, nicht besonders genießen und fühlte mich schrecklich allein. Kein Mensch redete mit mir, fragte mich die üblichen „small talk“ Fragen, woher ich denn sei und so weiter. Egal, wie platt diese Fragen gewesen wären, sie wären eine Wohltat gewesen. Der eingesessene Kollegenkreis dagegen plauderte, lachte, rauchte (das durfte man damals noch) und schien sich blendend zu unterhalten.
„Muss ich da wirklich hingehen?“ fragte ich die karenzierte Kollegin, die ich gut kannte. „Aber ja, das ist so üblich“, meinte sie. Für mich war es ein Spießrutenlaufen bzw. -sitzen und ich hatte jedes Mal Bauchweh, wenn ich zu diesem Raum ging.
Wie habe ich das Ganze überstanden? Zum einen habe ich mir immer vorgesagt: Sie waren immer in dieser kleinen, abgezirkelten Welt; „Blase“ würde man es heute nennen. Sie mussten nirgendwo ganz neu anfangen in einer anderen Kultur, in einem anderen Land oder an einem anderen Ort. Sie wussten es nicht anders und das hat mir geholfen, sie zu verstehen und ihnen (ein wenig) zu verzeihen.
Zum anderen half dann die Rückkehr der Kollegin, die ich kannte. Wenn es eine einzige Person gibt, bei der man „andocken“ kann und Rückhalt findet, ist die Sache schon gewonnen. Letztendlich blieb ich an dieser Schule bis zu meiner Pensionierung und wurde Teil dieser Gemeinschaft.
Diese Erfahrung hat dazu beigetragen, dass ich mich sehr darum bemühe, Neuankömmlingen mit Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit zu begegnen, von Familienmitgliedern, Arbeitskollegen, Zugezogenen bis hin zu Flüchtlingen.