“Schlimmstenfalls? … bestenfalls!“
„Ich bin ganz durch den Wind, weil alles wieder von vorne anfängt!“ so oder so ähnlich fangen oft Mails oder Telefongespräche mit Menschen an, die gerade wieder mit einem Thema, einer schwierigen Situation konfrontiert sind, die sie bereits einmal durchlebt haben.
…Menschen, die schon einmal eine schwere Erkrankung durchlebt haben, die durch die vielen Stationen zwischen Bangen und Hoffen gegangen sind, bis sie endlich wieder gesund waren.
…Menschen, die vielleicht durch schmerzhafte und auch langwierige Trennungsprozesse gehen mussten, bis sie wieder das Gefühl hatten, dass sie Boden unter den Füßen bekamen und ihr Leben neu gestalten konnten.
Viele dieser Menschen haben solche Zeiten als traumatisch erlebt. Weil aus der Vergangenheit oft noch tiefe Narben vorhanden sind und gleichzeitig das Kopfkino die alte Erinnerung abspielt, ist die Verzweiflung sehr groß.
Im Kontakt mit diesen Menschen fällt uns oft auf, dass Verzweiflung gepaart mit Pessimismus auch sehr ansteckend wirken kann. Mit einer belasteten Vorgeschichte fällt es besonders schwer, zuversichtlich zu sein. Die dunklen Gedanken erzeugen Ängste, machen starr und belasten enorm. Ein medizinischer Befund, bei dem eine Nachbesprechung nötig ist, muss nicht zwingend ein drohendes Ende verheißen. Ein Konflikt bedeutet nicht automatisch, dass eine Trennung vor der Türe steht. Im Alltag in der Telefonseelsorge erleben unsere BeraterInnen oft, dass Situationen halb so schlimm ausgehen, wie sie anfangs scheinen.
Wie können wir verhindern, dass wir sozusagen „Kredit auf den schlechtmöglichsten Ausgang“ nehmen?
Meist hilft es schon, wenn die Betroffenen all ihre dunklen Gedanken mitteilen können, damit klarer wird, was Ängste und was Fakten sind. Ein Trost ist es auch, wenn im Gespräch klar wird, mit welcher Kraft und Stärke in der Vergangenheit Herausforderungen gemeistert wurden und was damals geholfen hat. So kann vielleicht schon im Vorfeld ein Plan erarbeitet werden, wie nötigenfalls Hilfe möglich ist.
Vieles von dem, was uns ängstigt, bedrückt und uns schlaflose Nächte bereitet, hat auch seine Ursache in unseren Gedanken, den Befürchtungen und Ängsten. Wenn es uns möglich ist, uns all das potentiell Negative auszumalen – wäre es dann nicht auch möglich, „Kredit auf den bestmöglichen Ausgang“ zu nehmen? Das kann uns helfen, die Zeit zu überbrücken, bis wirklich alle Fakten am Tisch sind und weitere Schritte geplant werden können.