Verlust
„Das Glück, das man nie gekannt, zu entbehren, tut nicht weh, weh aber, ein Glück zu verlieren, an das man gewöhnt war.“
Dieses Zitat von Thukydides hilft zu verstehen, dass Verlust für jeden Menschen etwas Anderes bedeuten kann. Ein Verlust, der mir fast unerheblich erscheint, kann für jemanden eine Katastrophe bedeuten und umgekehrt gibt es Menschen, die wenig von dem, was mir lebensnotwendig erscheint, zur Verfügung haben und dennoch vor Glück strahlen.
In der TelefonSeelsorge rufen immer wieder Menschen an, die plötzlich oder langsam mit einem Verlust konfrontiert sind, der ihnen zu schaffen macht. Das Leben hat sich verändert, es ist nicht mehr so wie es war, und die neue Situation ist fremd und macht Angst. Alles, was vorher möglich und Teil des Lebens war, ist momentan oder auch unwiederbringlich weg. Mit unzähligen Facetten von Verlust im Laufe eines Lebens sind wir alle konfrontiert. Manchmal überschattet der Verlust das ganze Leben, sodass nur mehr das Schwere wirkt. Die Auswirkungen sind vielfältig: Manche kämpfen gegen eine Übermacht von schmerzlichen Gefühlen, andere sind wütend und wollen sich wehren, mit der Hoffnung auf eine Abwendung des Verlustes. Wieder andere sind traurig und suchen jemanden, dem sie diese verletzte Seite, die schmerzt, zeigen können. Wir begegnen in der Beratung aber auch Menschen, die nicht zu ihrem Verlust hinsehen möchten und nach Möglichkeiten suchen, wie sie sich von ihrem Verlust ablenken oder ihn gar schönreden können.
Die Aufgabe der TelefonSeelsorge liegt darin, dass wir erst einmal den Verlust abklären, aufnehmen, ähnlich wie es bei einer Verlustanzeige geschieht. Wir schauen gemeinsam, wie es dazu kam, was genau abhandengekommen ist und benennen das, was fehlt. Gemeinsam versuchen wir nachzudenken, was verändert werden kann, damit zukünftig wieder zufriedenes Leben möglich wird.
Und meist passiert während dieser Gespräche oder im Onlinekontakt auch so etwas wie ein Wunder: Durch die Anteilnahme eines anderen Menschen wird alles etwas leichter. Wir kennen ja das geflügelte Wort: „Geteiltes Leid ist halbes Leid“. Täglich erleben die BeraterInnen der Telefonseelsorge wie AnruferInnen wieder Mut schöpfen, wieder ein Licht sehen, wie Wege raus aus dem Mangel mitten hinein ins Leben führen. Es tut gut, sich einem wohlwollenden Menschen anzuvertrauen. Vielleicht möchten Sie das auch einmal ausprobieren?