Demenz – Belastungen für Angehörige
Mitten in der Nacht höre ich Geräusche im Haus. Ich denke: „Mutter, was ist jetzt passiert“.
Seit einem Jahr wohnt meine 86jährige an Demenz erkrankte Mutter bei uns. In meiner Familie haben wir beschlossen, dass sie zu uns kommen soll, nachdem das alleine leben nicht mehr möglich war.
Also mache ich mich auf die Suche, woher die Geräusche kommen. Ich folge dem Licht im Vorraum. Da sitzt meine Mutter auf dem Boden und lächelt selig vor sich hin. Die Schuhe der ganzen Familie sind aus dem Schuhkasten geräumt. Das Schuhputzmaterial liegt verstreut herum. Meine Mutter summt vor sich hin und ist gerade dabei, einen meiner Schuhe zu putzen.
Fassungslos frage ich sie: „Mutter, was machst du da mitten in der Nacht?“ Sie schaut mich an und meint: „Aber Kind, du musst doch saubere Schuhe haben, wenn du aus dem Haus gehst.“ Tränen laufen mir übers Gesicht: Welch eine Fürsorge und welch ein Chaos. Wie lange werden wir das noch schaffen? 24 Stunden – rund um die Uhr da sein und hoffen, dass es ihr gut geht.
Zum Glück können wir uns die Betreuung in der Familie aufteilen. Auch die Nachbarin hilft uns.
In der Gruppe für an Demenz erkrankte Angehörige ist für mich klargeworden: wenn es mir gut geht, kann ich auch gut für meine Mutter da sein. Wichtig ist für mich dabei herauszufinden: Was möchte ich für meine Mutter machen und was nicht. So haben wir z. B. für die Körperpflege die Hauskrankenpflege dazu geholt. Ich nehme mir bestimmte Zeiten für mich und auch mit meinem Mann. So ist unser Familienleben im Augenblick entspannt.
Was noch kommen wird? Wer weiß … Notwendiges werden wir dann Schritt für Schritt überlegen. So sehe ich es zumindest jetzt und dass lässt mich gelassen sein. Ich sehe wieder die Schuhe im Vorraum und meine Mutter mitten drin. Ja, meine Mutter hat früher gut auf mich geschaut. Jetzt schauen wir auf sie.