Einsamkeit im Alter
Eine Anruferin erzählt: Manchmal habe ich das Gefühl ich verstumme. Da gibt es Tage, wo ich niemanden zum Reden habe. Ich habe keine Kinder. Meine Nichten und Neffen sind beschäftigt. Meine beste Freundin ist vor einem Jahr gestorben. Bei anderen Freundinnen hat das Gehör nachgelassen und das Telefonieren ist schwierig.
Meistens schaffe ich es mit meinen 92 Jahren wenigstens zwei Mal in der Woche hinauszugehen – zum Einkaufen, zur Ärztin, in die Apotheke. Wenn die Sonne scheint, setzte ich mich auf eine Bank in der Stadt. Dann kommen Bekannte vorbei und wir plaudern. Aber wenn es regnet und stürmt, dann gehe ich nicht aus der Wohnung. Da kommt es vor, dass ich einen ganzen Tag lang kein einziges Wort gesprochen habe. Manchmal rede ich dann mit mir selber. Manchmal bedauere ich mich einfach und fühle mich sehr einsam.
Ein Anruf bei der TelefonSeelsorge holt mich dann wieder heraus. Es macht mir nichts aus, allein zu sein. Aber hin und wieder erzählen zu können, wie es mir geht, ist schön. Dann hebt sich meine Stimmung wieder. Es kommt vor, dass ich mir denke: Ich bin schon so viele Jahre auf der Welt, ich habe schon so vieles erlebt. Es wäre eigentlich genug. Aber dann kann ich mich so am Leben freuen und all den schönen Erinnerungen. Und dann vergeht das Gefühl der Einsamkeit und ich bin dankbar, dass ich noch auf der Welt bin.