Zuhören an bestimmten Orten
Wir Menschen sind Beziehungswesen und wir brauchen Kommunikation und Austausch. Wir wollen uns mitteilen, besonders dann, wenn uns etwas gefühlsmäßig nahegeht, wenn wir uns über etwas geärgert haben oder auch besonders gefreut. Dann, wenn wir Angst haben, wenn uns etwas Schlimmes passiert ist oder, wenn wir einen schmerzhaften Verlust erlitten haben.
Aber auch scheinbar banale Dinge möchte man gerne teilen, z.B. wie der letzte Urlaub war, welchen Kinofilm man gesehen hat oder wie das Wetter wird. Wer etwas mitteilen will, braucht eine Zuhörerin oder einen Zuhörer, der sich interessiert und aufmerksam ist und Zeit hat. All das ist heutzutage nicht so selbstverständlich zu haben.
Von der Bassena zum Friseur
Vor langer Zeit gab es in den alten Häusern in Wien die Bassena, bei der sich die Menschen beim Wasserholen getroffen haben und ein wenig plaudern konnten. Noch vor gar nicht langer Zeit sprach man mit dem Bankangestellten beim Geldabheben ein paar Worte, wurde mit dem Namen angesprochen, wurde erkannt. Heutzutage muss man zum Automaten gehen. Ebenso ist es bei den Bahnhöfen und häufig schon bei den Supermärkten. Das Leben wird anonymer.
Zu würdigen sind an dieser Stelle Menschen, die uns noch immer ihr Ohr schenken. Das sind zum Beispiel Friseurinnen und Friseure. Sie sind sehr gute ZuhörerInnen und sie tun auch insgesamt der Seele gut. Zwischen Kopfmassage und neuem Haarschnitt hören sie – gefragt oder ungefragt - den Alltagsgeschichten und Sorgen ihrer Kunden zu.
Das gleiche gilt für viele andere Dienstleistungsberufe, ob es sich um die KosmetikerIn, die FußpflegerIn, die BarkeeperIn oder die TaxifahrerIn handelt. Sie tragen in unserer Gesellschaft in dieser Hinsicht unbemerkt zu mehr Menschlichkeit bei. Wir können ihnen dankbar sein und sollten ihnen das vielleicht auch hin und wieder einfach einmal sagen.