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Neulich hatte ich ein Gespräch mit einer psychisch erkrankten Klientin. Die Anruferin war sehr verzweifelt aufgrund ihrer Annahme, dass sie zu „nichts“ mehr fähig wäre. „Ich kann nichts mehr!“ „Es gelingt mir nichts mehr!“ „Ich bin zu nichts mehr zu gebrauchen!“
Ich glaube, es gibt im Leben jedes Menschen Momente, wo ähnlich gedacht wird. Das sind Momente großer Verzweiflung und Überforderung. Die Sicht auf die Dinge wird immer enger. Man sieht nur mehr schwarz oder weiß. Man nimmt nur mehr wahr, was man „angeblich“ nicht schafft und die „Tatsache“, dass man es nicht schafft.
Alle anderen Farbschattierungen zwischen schwarz und weiß werden ausgeblendet oder einfach nicht mehr wahrgenommen. Diese Farbschattierungen können die vielen Dinge sein, die man trotzdem schafft, die man trotzdem kann, die man trotzdem erledigt, die Stärken und Fähigkeiten, die vielen kleinen positiven Dinge. Aber es können auch unsere Mitmenschen sein, die einem helfen bei Dingen, die man tatsächlich nicht mehr schafft.
Ja, es stimmt, körperliche oder psychische Krankheit schränkt manchmal ein.
Wichtig ist hier aber, den Blick nicht nur darauf zu lenken, was nicht geht, sondern darauf, was trotzdem geht: „Ich mache den Haushalt alleine.“ „Ich koche für meine Enkel.“ „Ich mache wunderschöne Handarbeiten.“ „Ich löse die Kreuzworträtsel.“ „Ich gehe für meinen Nachbarn einkaufen.“ Und und und …
Durch die Änderung der Sichtweise von schwarz/weiß auf bunt erkannte auch die Klientin, dass sie tatsächlich noch sehr viel kann und schafft und auch dass Familie und Bekannte da sind, um ihr beizustehen. Dadurch kam es augenblicklich zu einem Stimmungswandel: von verzweifelt zu dankbar.