Meine Welt und deine Welt
Kennen Sie das? Sie erzählen einer Bekannten zum Beispiel von einem Konflikt in der Familie. Sie haben sich über ein Familienmitglied geärgert und wissen jetzt nicht, wie Sie sich verhalten sollen. Und dann erzählt Ihnen Ihre Bekannte, wie so etwas Ähnliches schon einmal in ihrer Familie vorgekommen ist und was das dann für Folgen bei ihr hatte. Oder Ihre Bekannte erteilt Ihnen kluge Ratschläge, was sie an Ihrer Stelle machen würde. Oder sie nimmt es nicht ernst und ist der Meinung, dass es eigentlich dumm von Ihnen ist, sich überhaupt zu ärgern.
In jedem Fall spielen Sie mit ihren Gefühlen und ihrem Erleben keine Rolle mehr. Vielleicht ärgern Sie sich jetzt auch noch über Ihre Bekannte, denn das war das letzte, was Sie jetzt wollten, auch noch gemaßregelt zu werden.
Zuhören ist gar nicht so einfach, immer kommen einem irgendwelche eigenen Gedanken und Erlebnisse in den Sinn.
Zuhören heißt, zu wissen, wo man selbst zuhause ist und sich gleichzeitig unvoreingenommen auf eine Reise in die Welt eines anderen zu begeben.
Nie habe ich den Wert des Zuhörens schöner beschrieben gesehen als bei Michael Endes Roman „Momo“:
Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte – nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme. Sie konnte so zuhören, dass ratlose, unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten. So konnte Momo zuhören.