Die Kraft der Verletzlichkeit
Viele von ihnen kennen vielleicht den Film „Ziemlich beste Freunde“, in dem die Biografie von Philippe Pozzo di Borgo, einem reichen, durch einen Unfall querschnittgelähmten und vereinsamten Mann und seine Freundschaft mit seinem afrikanischen Pfleger, der ihm wieder Spaß am Leben vermittelt, verfilmt wurde. In einem Interview sagt Pozzo di Borgo: „Der größte Punkt der Verwundbarkeit in unserer Gesellschaft ist die Einsamkeit“. Selbst physische Erkrankung sei nicht so schlimm wie der Mangel an Beziehung.
Wenn Freunde und Bekannte ihre Probleme erzählen, meinen wir oft ihnen eine Lösung präsentieren zu sollen – und wundern uns dann, wenn sie unseren Lösungsvorschlag nicht annehmen. Worum es aber meistens geht, ist nicht die Lösung von Problemen, sondern sie möchten schlicht und einfach jemanden, der ihnen zuhört. Denn: Das größte Leiden ist, dass niemand einem zuhört.
Wie lässt sich das ändern?
In unserer westlichen Gesellschaft zählt das Individuum mehr als die Gemeinschaft. Der einzelne glaubt, dass er es allein selber in der Hand hat seine Welt zu gestalten. Es lebt sich besser, wenn einem bewusst wird, dass man selber nicht der Mittelpunkt der Welt ist, sondern ein Mensch unter vielen. Im Kreisen um sich selber und das eigene Leid besteht die Gefahr sich weiter zu isolieren. Nehme ich ein wenig von mir Abstand, kann ich den anderen entdecken und die Spirale der Einsamkeit durchbrechen.
Wie sehr wir voneinander und von Beziehungen abhängig sind, wollen wir nicht so gerne wahrhaben. Doch in der Hinsicht sind wir alle zerbrechlich und abhängig. Dies gilt es zu akzeptieren. Wenn jemand das Gespräch, den Kontakt sucht, ist das oft ein erster, mutiger Schritt sich einzugestehen, dass man einen anderen Menschen braucht. Und es ist beglückend und heilsam zu erfahren, dass sich tatsächlich jemand für mich interessiert – ob im privaten Umfeld, bei der Telefon oder Onlineberatung.