Was mache ich, wenn mir jemand sagt, dass er sich umbringen will?
„Was mache ich, wenn mir jemand sagt, dass er sich umbringen will?“ Das ist eine der häufigsten Fragen sowohl von Betroffenen als auch Interessierten, denen wir von der Arbeit in der Telefonseelsorge erzählen. Suizid – ein Tabuthema, das Angst macht. Wovor fürchten wir uns? Ist es das Thema „Tod“? Oder die Frage nach dem Unvorstellbaren, was einem Menschen passiert sein muss, dass er sich das Leben nehmen will.
Nicht immer ist es so, dass ein verzweifelter Mensch ganz klar seinen Wunsch äußert, sich umzubringen. Häufig ist es eines von mehreren Themen, das im Laufe eines Gesprächs ganz langsam auftaucht. Jemand erzählt, dass er (oder sie) müde ist und immer wieder das Gefühl hat, nicht mehr zu können. Eine Mutter erzählt, dass sie den Tod ihres Kindes nicht mehr ertragen kann – wie gerne wäre sie auch dort, wo endlich alles vorbei ist.
Was löse ich damit aus, wenn ich frage: „Hast du schon einmal daran gedacht, dir das Leben zu nehmen? Wie würdest du es machen? Was glaubst du, was danach ist?“ Es erfordert Mut, diese Fragen zu stellen – und die Antworten auszuhalten. „Weißt du – ich habe die Tabletten schon seit einem Jahr gesammelt.“ Oder: „Nein, wie kommst du darauf – trotz allem, ist das Leben lebenswert.“ Beides ist möglich.
Suizidgespräche sind Gratwanderungen - auf der einen Seite ist das Leben, auf der anderen der Tod. Nur wenn ich mir die Seite des Todes angesehen habe, kann ich mich für die Seite des Lebens entscheiden. Menschen, die verzweifelt sind, werden entlastet, wenn sie jemanden finden, der den Mut hat, diese Gratwanderung mitzumachen. Als BeraterInnen müssen wir unsere eigenen Abgründe kennen und in manch schmerzhafter Selbsterfahrung unsere persönliche Haltung zum Thema Tod und Suizid hinterfragen.
Familie und Freunde sind oft überfordert und versuchen abzulenken. Aber die Betroffenen wollen ernst genommen werden in ihrer Unsicherheit – Tod oder Leben. Wenn ich als Angehöriger überfordert bin (und wenn es mich und meine Familienangehörigen betrifft bin ich das sehr schnell), ist es schon eine große Hilfe mit oder für den Betroffenen eine/n geeignete/n Ansprechpartner/in zu finden. Das kann zum Beispiel die Telefonseelsorge sein, ein/eine Psychotherapeuten/in oder in Akutfällen eine psychiatrische Klinik.